Die Raffael-Räume (Raphaels Zimmer) sind eines der wertvollsten Highlights in den Vatikanischen Museen. Diese vier prächtigen Säle befinden sich direkt hinter der Kartengalerie und wurden vom Renaissance-Genie Raffael (Raphael) und seinen Schülern mit eindrucksvollen Fresken geschmückt. Obwohl Raffael im Jahr 1520 früh verstarb, wurde das Werk mithilfe seiner Schüler nach seinen genauen Anweisungen und Skizzen vollendet. Die Räume verdanken ihre Entstehung Papst Julius II., der sich nach seiner Wahl (1503) bewusst von den Borgia-Apartments seines Vorgängers Papst Alexander VI. abgrenzen wollte.
Ursprünglich ließ Papst Julius II. die ehemaligen Gemächer der Borgia schließen und mit schwarzer Farbe übermalen. Seine Ambition ging jedoch weiter: Er wünschte sich einen künstlerisch überlegenen Wohn- und Repräsentationsbereich oberhalb dieser Räume. Daher beauftragte er den jungen Raffael, seine neuen Gemächer – die Raffael-Räume – zu gestalten. Raffael begann 1509 mit der Arbeit und war nahezu elf Jahre mit der Ausmalung beschäftigt. Papst Julius II. starb 1513, noch während die Gestaltung der vierten Kammer lief. Raffael setzte die Arbeiten unter dem neuen Papst Leo X. fort. Obwohl Raffael 1520 verstarb und die Räume nicht selbst vollenden konnte, machten seine Schüler und Lehrlinge die Arbeit in seinem Sinne zu Ende.
Details aus den Raphael-Zimmern – Vatikanische Museen, Rom
Aufteilung der Raffael-Räume
Die vier Räume werden wie folgt unterteilt:
Kaiser-Konstantin-Saal
Laut offiziellem Rundgang der Vatikanischen Museen betritt man diesen Saal zuerst. Ursprünglich diente er dem Empfang und offiziellen päpstlichen Zeremonien. Da Raffael während der Ausmalung starb, wurde der Kaisersaal von seinen Schülern nach seinen Entwürfen fertiggestellt.
Die Erscheinung des Kreuzes – Kaiser-Konstantin-Saal , Raffael- Räume
Benannt ist er nach dem ersten christlichen Kaiser, Konstantin dem Großen (272–337), der einen entscheidenden Wandel im Römischen Reich einleitete: Nach seinem Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke im Jahr 312 begann das Christentum sich endgültig durchzusetzen.
Die vier wichtigsten Fresken im Kaisersaal veranschaulichen bedeutende Momente in Konstantins Leben und seiner Bekehrung zum Christentum:
- Die Erscheinung des Kreuzes: Zeigt Konstantins Vision eines Kreuzes am Himmel vor der Schlacht an der Milvischen Brücke und sein anschließendes Traumgespräch mit Jesus.
- Die Schlacht an der Milvischen Brücke: Veranschaulicht den Sieg Konstantins über Maxentius und das Ende des Heidentums in Rom.
- Die Taufe Konstantins: Zeigt, wie er sich vor Papst Silvester I. kniend taufen lässt.
- Die Schenkung Roms: Konstantin überreicht Papst Silvester die eroberte Stadt Rom als Symbol für die Legitimation des Papsttums.
Konstantin-Saal, Raffael-Räume – Vatikanische Museen
Konstantin-Saal, Raffael-Räume – Vatikanische Museen – 2
Die Decke im Konstantin-Saal, Raffael- Räume – Vatikanische Museen
Heliodorus-Raum
Dieser Raum entstand zwischen 1512 und 1514. Er war repräsentativen Zwecken vorbehalten, insbesondere für Privataudienzen von wichtigen Gästen des Papstes. Die folgenden Fresken, die dort zu sehen sind, verdeutlichen Raffaels narrativen und künstlerischen Erzählstil:
- Die Vertreibung Heliodors aus dem Tempel: Heliodor versuchte, Schätze aus dem Jerusalemer Tempel zu rauben, wurde jedoch auf wundersame Weise vertrieben.
- Das Wunder von Bolsena: Erzählt von einem eucharistischen Wunder in der italienischen Stadt Bolsena, das den Glauben an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie stärken sollte.
- Die Befreiung des heiligen Petrus: Die erste Nachtszene, die Raffael jemals darstellte. Sie zeigt, wie der Apostel Petrus durch einen Engel aus dem Kerker gerettet wird.
- Die Begegnung von Papst Leo dem Großen mit Attila: Der Papst hält den Hunnenkönig Attila davon ab, Rom zu plündern, was das Papsttum als bewahrende Macht im Abendland unterstreicht.
Raffael – Die Vertreibung des Heliodorus aus dem Tempel – Stanzen des Raffael – Vatikanische Museen
Die Begegnung des Papstes mit Attila dem Hunnen – Stanzen des Raffael – Vatikanische Museen
Die Befreiung des hl. Petrus (Detail)
Stanza della Segnatura: Autographenraum
Diese Kammer entstand zwischen 1508 und 1511 und diente Papst Julius II. sowohl als Studierzimmer als auch als Bibliothek. Zu den berühmtesten Fresken zählt hier die Schule von Athen, die als eines der bedeutendsten Kunstwerke der Hochrenaissance gilt. In diesem Saal gibt es insgesamt vier Fresken, die jeweils für Theologie, Gerechtigkeit, Philosophie und Poesie stehen.
Die Schule von Athen (Philosophie):
Raffael begann 1509 mit der Arbeit und vollendete das Fresko 1511. Das monumentale Werk versammelt 59 Figuren aus unterschiedlichen Epochen, die sich in einer idealisierten Architektur versammeln. In der Bildmitte erkennt man Platon (links) und Aristoteles (rechts). Platon zeigt nach oben (Hinweis auf seine Ideenlehre), Aristoteles nach unten (Symbol seiner realitätsnahen Philosophie).
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- Bei genauer Betrachtung lassen sich berühmte Persönlichkeiten erkennen: Plato ähnelt Leonardo da Vinci, Euklid rechts unten ist Donato Bramante nachempfunden, die Figur des Heraklit mit dem ernsten Blick und den orangefarbenen Stiefeln wird als Michelangelo gedeutet, während Raffael sich selbst als jungen Mann mit schwarzem Hut porträtiert, der über die Schulter zum Betrachter blickt.
- Die Hintergrundarchitektur basiert vermutlich auf Bramantes frühen Entwürfen für den Petersdom.
Die übrigen Fresken des Raumes sind: La Disputa del Sacramento (Theologie), Die Kardinaltugenden und das Gesetz (Gerechtigkeit) sowie Der Parnass (Poesie).
Raffael, Detail von Platon und Aristoteles in der Mitte, Schule von Athen, 1509-1511, Fresko (Stanza della Segnatura, Palazzi Pontifici, Vatikan)
Selbstbildnis Raffaels aus seinem Fresko Die Schule von Athen, 1510-11, Stanzen des Vatikans, Rom
Feuerraum in Borgo: Stanza dell’Incendio del Borgo
Dieser Raum wurde zwischen 1514 und 1517 ausgemalt und diente früher als Speisesaal. Da Papst Julius II. 1513 verstarb, orientierten sich die Themen dieser Fresken an den Vorstellungen seines Nachfolgers, Papst Leo X., der denselben Taufnamen wie Papst Leo IV. trug.
Feuer im Borgo – Raphael-Säle – Vatikanische Museen
Krönung von Karl dem Großen in den Vatikanischen Museen, Rom, Italien.
Die Seeschlacht von Ostia. Das Fresko aus dem 16. Jahrhundert in einem der Räume von Raffael (Stanze di Raffaello) im Vatikanischen Museum.
- Das Feuer im Borgo: Stellt das Wunder dar, mit dem Papst Leo IV. ein Flammeninferno im Stadtteil Borgo löschte.
- Die Krönung Karls des Großen: Zeigt die Krönungszeremonie im Petersdom im Jahr 800, die den Grundstein für das Heilige Römische Reich legte.
- Die Schlacht von Ostia: Zeigt den Sieg der päpstlichen Armeen in der Hafenstadt Ostia.
All diese Fresken spiegeln Raffaels Verständnis von Perspektive, Anatomie und Komposition wider und verdeutlichen die künstlerische Blütezeit der Hochrenaissance. Ein Besuch der Raffael-Räume bietet die Möglichkeit, in die Geschichte der Päpste und in die Meisterwerke Raffaels einzutauchen, deren Einflüsse bis in die heutige Kunstgeschichte spürbar sind. Die spektakuläre Verbindung von Kunst, Theologie und Renaissance-Humanismus macht die Stanzen zu einem Muss für jeden, der die Vatikanischen Museen besichtigt.
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