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Vatikanischer Obelisk: Ein Monument zwischen Antike und Moderne

Vatikanischer Obelisk

Der Obelisk auf dem Petersplatz im Herzen des Vatikans zieht seit Jahrhunderten die Blicke unzähliger Besucher auf sich. Dort, wo sich an Fest- und Feiertagen oder bei einer Papstwahl Hunderttausende Gläubige versammeln, steht ein Zeugnis aus einer längst vergangenen Ära. Seine Geschichte führt uns von den Ufern des Nils bis in die Mitte der christlichen Welt – und macht deutlich, wie sehr die Antike unsere Gegenwart noch immer prägt. Doch was genau ist ein Obelisk eigentlich? Und wie gelangte dieses Exemplar aus dem Alten Ägypten in den Vatikan?

Was ist ein Obelisk?

Ein Obelisk ist eine hohe, vierkantige Säule mit einer pyramidenförmigen Spitze, die traditionell aus einem einzigen Steinblock gehauen wird. Ursprünglich stammt er aus dem Alten Ägypten und symbolisierte die Unsterblichkeit der Pharaonen. In der Regel standen Obelisken paarweise am Eingang großer Tempelanlagen, wo sie Macht und religiöse Autorität repräsentierten. Von den heute weltweit bekannten 28 antiken Obelisken stehen nur noch sechs in Ägypten selbst; die übrigen gelangten meist durch römische Eroberungszüge nach Europa.

Rom beheimatet inzwischen 13 dieser Säulen, von denen acht tatsächlich aus dem Alten Ägypten stammen. Die übrigen fünf sind römische Nachbildungen, die den Stil der Originale imitieren. Ein bekanntes Beispiel ist der Lateranense-Obelisk auf der Piazza di San Giovanni in Laterano. Doch Obelisken sind nicht nur in Rom zu finden: Auch Städte wie London, New York, Istanbul und Paris beherbergen beeindruckende Exemplare, wobei der Luxor-Obelisk auf dem Pariser Place de la Concorde besonders berühmt ist.

Der Flaminische Obelisk – ein frühes Beispiel römischer Begeisterung

Einer der ersten Obelisken, die aus Ägypten nach Italien gebracht wurden, ist der sogenannte Flaminische Obelisk. Er gelangte in der Antike aus Heliopolis nach Rom und schmückte zunächst den Circus Maximus. Das Monument entstammte einer Epoche unter Ramses II. (13. Jahrhundert v. Chr.) und wurde nach jahrhundertelanger Versenkung in der Erde erst 1587 entdeckt und schließlich auf der Piazza del Popolo aufgestellt. Übrigens verdankt der Obelisk seinen Namen dem griechischen Wort „Obelískos“, das durch Reisende und Gelehrte wie Herodot geprägt wurde.

Vatikanischer Obelisk

Vatikanischer Obelisk

Vatikanischer Obelisk

Die bewegte Geschichte des Vatikanischen Obelisken

Im Zentrum des Petersplatzes ragt heute ein Obelisk empor, dessen Alter auf rund 4.500 Jahre geschätzt wird – ein Monument, das sogar die Gründung Roms um mehr als ein Jahrtausend übertrifft. Oft als „Caligulas Obelisk“ bezeichnet, wurde er im Jahr 37 n. Chr. von Kaiser Caligula aus Alexandria nach Rom überführt und in seinem Zirkus aufgestellt. Nach Caligulas Tod vollendete Kaiser Nero diesen Zirkus, der für Wagenrennen und auch Hinrichtungen genutzt wurde. Hier soll der Apostel Petrus kopfüber gekreuzigt worden sein, eine Überlieferung, die diesem Ort eine besondere Bedeutung sowohl für die römische Geschichte als auch für die Christenheit verleiht.

Ironischerweise erhebt sich der Petersdom, das Zentrum der katholischen Welt, heute genau dort, wo einst die Arena des kaiserlichen Zirkus lag. Mit diesem historischen Zusammenhang gewinnt der Obelisk zusätzlich an Symbolkraft: Er ist nicht nur ein ägyptisches Artefakt, sondern auch stummer Zeuge eines schicksalhaften Wendepunkts im Christentum.

Ein umgezogenes Monument: Vom Zirkus zum Petersplatz

In den Jahren 1585 bis 1586 beauftragte Papst Sixtus V. den Architekten Domenico Fontana mit der aufwändigen Versetzung des Obelisken. Dazu wurden rund 900 Arbeiter und 140 Pferde eingesetzt, um den gigantischen Steinbrocken einige hundert Meter zu transportieren und auf dem Petersplatz aufzustellen. Über Monate hinweg wurde geplant, gegraben und gezurrt, bis das Monument an seinem heutigen Standort sicher verankert war.

Interessanterweise ist dies der einzige Obelisk in Rom, der nie zerbrochen oder umgestürzt ist. Er blieb durch die Jahrhunderte hindurch stets aufrecht erhalten. Mit seinen etwa 25,5 Metern Höhe (ohne Sockel) und einem Gewicht von rund 326 Tonnen wirkt er noch heute überwältigend. Im Jahr 1713 wurden am Sockel vier Löwenfiguren und bronzene Adler angebracht, die das imposante Gesamtbild eindrucksvoll abrunden.

Der ursprüngliche Standort und unterirdische Entdeckungen

Wer wissen möchte, wo genau der Obelisk einst stand, findet einen Hinweis in Form einer Plakette am Ort des antiken Zirkus. Wer tiefer in die Geschichte hinabsteigen möchte, kann an der sogenannten Scavi-Tour teilnehmen. Diese Führung führt unter den Petersdom, wo sich das mutmaßliche Grab des Apostels Petrus und Überreste des Neroschen Zirkus befinden. Hier eröffnet sich ein Fenster in die Vergangenheit: Man sieht die Spuren der römischen Baukunst, die Geschichte der frühchristlichen Märtyrer und das beeindruckende Fundament des Petersdoms.

Der Petersplatz steht Besuchern jederzeit offen, sodass jeder, der möchte, das Zusammenspiel von Architektur, Geschichte und Glaube hautnah erleben kann. Der dort aufragende Obelisk erinnert daran, wie ein Steinmonument der Antike über Jahrtausende hinweg Weltreiche, Religionen und Kulturen miteinander verbindet. Seine Präsenz verweist auf den langen Weg, den dieser ägyptische Zeuge hinter sich hat – und vielleicht auch noch vor sich. Denn wer weiß, welche Generationen diesen Obelisken künftig bewundern werden und welche Geschichten er noch zu erzählen hat.

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